Stift Seitenstetten
28.-30. Oktober 2011
von Gertraud Rethaller
Mendelssohn- Bartholdy
Die Schule der Innerlichkeit
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Ein Thema, dass passend zur Jahreszeit und auch zur Atmosphäre des Stiftes, welches zum Rückzug förmlich einlädt, eine diesmal gar nicht so kleine Gruppe von Menschen dazu bewog, wieder an dem jährlich stattfindenden Musicosophia-Seminar teilzunehmen. Unter der kundigen Leitung von Hubert Pausinger und Lucian Closca wurden wir behutsam in die musikalische Welt von Felix Mendelssohn-Bartholdy eingeführt.
Am Freitagabend arbeiteten wir nur ein kleines Werk, Lieder Ohne Worte, Op.30, No3 in E-Dur, um uns auf den Seelenzustand der Innerlichkeit und der Musik des Komponisten langsam einstimmen zu können.
Der Samstagvormittag war dann ganz dem 3.Satz der 5.Symphonie Op.107 gewidmet. Hubert Pausinger erarbeitete mit uns zuerst den Aufbau des Stückes, zeichnete die Melodielinien an die Tafel, um sie dann mit uns in sinnfällige Gebärden (Melorhythmie) umzusetzen. Durch dieses Gestalten mit den Händen erlebten wir, wie die Musik nicht mehr nur unserer Vorstellung war, sondern auch durch unseren Körper lebendig wurde.
Lucian Closca führte uns am Nachmittag in den 2.Satz des Violinkonzerts in E-Moll, Op.64 ein. Nach der gemeinsamen Analyse des Satzes, legte auch er sehr viel Wert auf die Melorhythmie. Durch das gemeinsame wiederholte hören und mitgestalten der Melodie mit den Händen, erreichten viele von uns einen tiefen Zustand der Verinnerlichung und Stille.
Der stille Höhepunkt des Seminars war der Samstagabend, an dem Hubert Pausinger mit uns im Schweigen zwei kurze Stücke aus dem Oratorium „Elias“ arbeitete: „Hebe deine Augen auf“ und „Siehe, der Hüter Israels“. Ohne Worte, nur mit Aufzeichnen und Gebärden, vermittelte er uns wie nebenbei, auch den Aufbau der Stücke.
Die Schönheit und Erhabenheit dieser Musik, das intensive Gestalten mit den Händen und der Umstand dass keine Worte zwischen dem wiederholten Hören gesprochen wurden, verhalfen auch jenen von uns, die bis dahin vielleicht noch etwas zurückhaltend waren, die tiefe Geborgenheit dieser Musik zu erleben.
Der Sonntagvormittag diente der Wiederholung und Vertiefung des Violinkonzerts und auch des 3.Satzes der 5.Symphonie, wobei Hubert Pausinger diesmal den Schwerpunkt auf das Finale legte.
Ein persönlicher Teilnehmerbericht von Herrn Knut Klaner spiegelte sehr schön die Atmosphäre dieses Seminars wider:
„ Die Musik Mendelssohns eignet sich hervorragend als Wegbegleiter in die Innerlichkeit. Der Anfang des 3. Satzes der 5. Symphonie mit den 4 Schritten nach unten ist ein perfekter Beginn für unsere Seelenreise. Weiter werden wir getragen von Themen aus dem Violinkonzert, Elias und den Liedern ohne Worte.
„Hören wir das Stück noch einmal“ und „noch einmal“ und „noch einmal“. Bei so vielen Wiederholungen muss das Musikstück doch irgendwann einmal langweilig werden. Aber das Gegenteil ist der Fall. Mit Hilfe der konzentrierten Wiederholung stoßen wir in nicht beschreibbare Tiefen vor.
Einen hervorragenden äußerlichen Rahmen für diese Musikreise bildete das alte ehrwürdige Stift, in dem wir gut untergebracht waren. Die Stimmung unter den Teilnehmern war ausgezeichnet. – Tage mit Mendelssohn, die ich immer im Herzen tragen werde. Vielen Dank!“
So empfanden es die meisten: Diese Tage des gemeinsamen Hörens und Erarbeitens der Musik Felix Mendelssohn-Bartholdys hat in jedem von uns tiefe Spuren hinterlassen, auch dann, wenn es uns gar nicht so bewusst geworden sein mag. Durch die Schule der Innerlichkeit sind wir alle gegangen! So erlebten wir es auch schon als eine Einstimmung für das im Jahr 2012 geplante Seminar, „ Musik und Stille“ in Seitenstetten.
Die Musik, das Schweigen und die Atmosphäre des Stiftes werden uns Teilnehmern helfen, in uns selbst einen Ort der Stille zu entdecken. Von diesem Ort der Stille in uns, werden wir auch die Musik anders hören und erleben!